Kernaussagen Harry Block

BUND Karlsruhe und Mittlerer Oberrhein

HarryBlock

Es gibt weltweit keine sicheren Atomkraftwerke.

Die deutschen Atomkraftwerke haben laut einem EU-Stresstest erhebliche Sicherheitslücken. Dabei wurden nicht einmal alle wichtigen Fragen zur Sicherheit untersucht. Und der Test lief nur auf dem Papier ab – meist ohne Inspektionen vor Ort. Klar wird: Die Mängel deutscher Reaktoren haben System. Denn nur im Märchen ist Schmiedekunst perfekt. Siegfried bekommt in den nordischen Sagen der Edda vom Schmied Reginn das Schwert Gram, um den Drachen Fafnir zu töten. Wenn es heute überhaupt noch Drachen gibt, dann hausen sie in den Reaktorbehältern der Atomkraftwerke. Die Kernspaltung entfacht dort Neutronenstrahlung, die sich nur mit bestem geschmiedetem Stahl eindämmen lassen. Das Metall muss Hitze, Druck und radioaktive Strahlung aushalte und genau dabei ist der französische Staatskonzern AREVA bei seinem Vorzeigeprojekt Flamanville blamabel gescheitert.

Aber die Unsicherheit der Atomkraftwerke – deutsch oder nicht deutsch ist hier nicht die Frage – hängt nicht nur von äußeren Bedingungen ab. Der Normalbetrieb ist schon eine riesige Gefährdung. Nicht nur das ständig hochaktiver Atommüll erzeugt wird, sondern das radioaktive Emissionen über den Wasser- oder Luftpfad an unsere Umwelt abgegeben werden.

So geben alle Atomkraftwerke täglich radioaktives Wasser in Form von Tritium in ihren ‚Vorfluter‘ (Rhein oder Neckar etc.) ab. Tritium hat eine physikalische Halbwertszeit von 12,3 Jahren und reichert sich in den Fischen eindeutig an und kommt so über die Nahrungskette zu uns Menschen zurück.

Philippsburg hat z.B. immer hohe Tritiumwerte im Leistungsbetrieb. Der Genehmigungswert von Tritium (1,8 x 10 E13 Bq) für dieses Atomkraftwerk wird zu einem Viertel ausgenutzt. Bei der jährlichen Revision werden über den Kamin der AKWs radioaktive Partikel an unsere Atemluft abgegeben. Für diese gibt es zwar einen Grenzwert, aber jedes einzelne Teilchen, welches ein Lebewesen über die Atemluft in die Lunge bringt, ist für sich eine Strahlenquelle, für die es eben genau keinen Grenzwert gibt und die Krebs auslösen kann.

„Die Sicherheitskultur muss verbessert werden“, schreibt die EU-Kommission zudem. In zahlreichen Mitgliedstaaten müssten die Richtlinien im Unglücksfall so schnell wie möglich überarbeitet werden. Bisher bezog sich der Stresstest vor allem auf Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen. Terrorismus bleibt größtenteils ausgeblendet. Die Risiken bei Flugzeugabstürzen werden noch untersucht, die Ergebnisse sind in dem Entwurf noch nicht enthalten.

Dies, obwohl man bei der Errichtung der deutschen Atomkraftwerke den Flugzeugabsturz nicht wie andere Auslegungsstörfälle nicht umfassend betrachtet hat wie z.B. Bruch von Hauptkühlmittelleitungen, Erdbeben und Hochwasser, sondern man hat sich mit punktuellen Schutzmaßnahmen zufrieden gegeben. Zivilflugzeuge mit ihrer sehr viel größeren Masse und Treibstoffmenge blieben unbeachtet. Das stellt Dipl.-Ing. Dieter Majer in einer gutachterlichen Stellungnahme fest; der pensionierte Ministerialdirigent war der höchste technische Experte der Bundesatomaufsicht. Die Folgerung daraus kann nur sein, alle AKWs sofort abzuschalten.

Dies wird verstärkt dadurch, dass für die angeblich sichersten Atomkraftwerke der Welt, den deutschen, auch die EU einen Nachholbedarf feststellt. Bei allen fehle es an geeigneten Seismographen für Erdbewegungen, zudem seien die Richtlinien bei Unglücksfällen nicht vollständig. Die Meiler Grohnde, Isar, Brokdorf und Grafenrheinfeld böten nicht genug Schutz bei Erdbeben.

Zur Sicherheitskultur gehört aber vor allem der Hauptschwachpunkt einer komplexen Technik, die keine Fehler verzeiht: der Mensch.

Wenn in einem Bericht des Umweltministerium Ba-Wü 2013 zu Störfällen in KKP 2 in Philippsburg festgestellt wurde:

  • “Vorgaben des Betriebsreglements wurden unzureichend eingehalten,
  • vorgesehene Kontrollmechanismen zur Einhaltung solcher Vorgaben waren unwirksam,
  • Freischaltungen wurden nicht wie geplant durchgeführt,
  • Sicherheitsbetrachtungen bzgl. Umfang, Qualität und Dokumentation waren unzureichend,
  • die kritisch hinterfragende Grundhaltung war teilweise unzureichend.
  • Diese Mängel traten teilweise gehäuft und kombiniert auf. Dadurch hätte es unter anderen Randbedingungen, als sie bei den betrachteten drei Ereignissen vorgelegen haben, zu gravierenderen sicherheitstechnischen Auswirkungen kommen können …“

Dann wird klar, dass nur die Abschaltung eines Atomkraftwerks (also aller) die Sicherheit wirklich erhöhen kann.

Und dann haben wir an den Standorten immer noch über viel Jahrzehnte die Gefahr einer schweren radioaktiven Verseuchung durch die mehr oder minder fast völlig ungeschützten Zwischenlager für hochradioaktiven Müll, deren ‚sicherer Einschluss‘ uns allen noch viel Kopfzerbrechen bereiten wird.